Münchner Merkur
18. März 2020

So sieht der neu gewählte Kreistag im Landkreis München aus

Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen ist Stimmenkönigin

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Die Grünen blühen auch bei der Kreistagswahl im Landkreis München auf. Acht Sitze konnten sie dazu gewinnen. SPD, FDP und Freie Wähler wollen in der Landrats-Stichwahl am 29. März zwischen Christoph Nadler (Grüne) und Christoph Göbel (CSU) Landrat Göbel unterstützen. 

 

Landkreis – Nach technischen Problemen in Pullach stand am Dienstag um 10.58 Uhr endlich das Ergebnis der Kreistagswahl fest. Die CSU kam auf 36,6 Prozent der Stimmen, die Grünen sind mit 26,1 Prozent nun zweitstärkste Kraft und lösten insofern die auf 13,2 Prozent geschrumpfte SPD ab. Minimal verschlechtert haben sich Freie Wähler (10,4 Prozent) und FDP (4,3 Prozent), die ÖDP kam leicht verbessert auf 3,0 Prozent. Neu vertreten sind im Kreistag die politischen Ränder durch die AfD (4,6 Prozent) und die Linke (1,8 Prozent).

Grüne verdoppeln in allen Ausschüssen Sitzanteil

Keine Frage, die großen Wahlsieger auch im Kreistag sind die Grünen – sie konnten die Zahl ihrer Sitze von elf auf 19 erhöhen. „Das ist supergut“, jubelt Christoph Nadler, seit 2001 Fraktionssprecher im Kreistag sowie Stichwahl-Duellant um den Landratsposten. Was ihn am meisten freut: „In allen Ausschüssen verdoppeln wir unseren Sitzanteil von zwei auf vier. Das ist wunderbar – jetzt können wir unsere Themen mit viel mehr Nachdruck vertreten.“ Neben bewährten Kräften wie den Landtagsabgeordneten Markus Büchler und Claudia Köhler sowie Pullachs aktueller Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (dort in der Stichwahl) freut Nadler sich auf frischen Wind durch elf Neue im Kreistag, die in ihrer Kompetenz breit gefächert seien. Sehr bedauert er allerdings, dass mit Frauke Schwaiblmair aus Oberschleißheim die Vorsitzende des Behindertenbeirats den Wiedereinzug in den Kreistag knapp verpasst hat.

Was geplatzte Träume angeht: In diese Kategorie fällt auch Florian Riegel. Zunächst hatte der 38-Jährige FDP-Kandidat aus Unterhaching den Wiedereinzug in den Gemeinderat verpasst, jetzt schaffte er es auch nicht auf einen der drei FDP-Sitze im Kreistag. „Ich bin dann mal weg“, schrieb er bei Facebook – Frust pur bei einem, der sich seit vielen Jahren mit Leidenschaft der Kommunalpolitik verschrieben hatte.

 

Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen ist Stimmenkönigin

Ansonsten ist die FDP, die einen Sitz verlor und nun zu dritt im Kreistag vertreten ist, aber nicht unzufrieden. Vor allem, weil die Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen, Katharina Diem aus Kirchheim, zur Stimmenkönigin auf der FDP-Liste avancierte. „Ein großer Erfolg für uns JuLis“, sagt deren Landkreis-Chef Sam Batat. „Wir haben zeigen können, dass Kreispolitik eben nicht eingestaubt und langweilig ist. Mit Katharina Diem stellen wir nun die neue Listenführerin der FDP. Ein tolles Zeichen des Landkreises!“ Die 31-Jährige selbst sagt: „Diese Wahlperiode beginnt mit der Coronakrise. Auf Bundes- und Landesebene wird zwar vieles abgefangen werden, dennoch werden gewisse Herausforderungen auf kommunaler Ebene zu lösen sein. Es ist wichtig, dass wir dabei auch neue Wege gehen, generationenübergreifend handeln und agil arbeiten.“ Bei der Stichwahl um den Landratsposten am 29. März will die FDP den CSU-Amtsinhaber Christoph Göbel unterstützen. Mit Göbel könne „zukunftsgewandte Kreispolitik betrieben werden“, findet Sam Batat.

In der Coronakrise ist Kontinuität gefragt

Das hört man natürlich gern bei der CSU. Deren Kreisvorsitzender, der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn aus Putzbrunn, lobt Göbel als „starke Führungspersönlichkeit“, die im Kreistag oft parteiübergreifend einstimmige Entscheidungen realisiert habe. Genau diese Kontinuität sei jetzt, in der Coronakrise, gefragt. Dass die CSU drei Sitze verloren hat, liege „ein Stückweit im Trend“, so Hahn. Mit 26 Sitzen sind die Christsozialen aber immer noch deutlich stärkste Fraktion im Kreistag. Besonders freute sich Hahn darüber, dass mit zwölf von 26 CSU-lern „der Frauenanteil bei 46 Prozent liegt, das bestätigt unseren Kurs“. Bei den Männern erwies sich Frank Inselkammer jun. als Häufelkönig, den Ayinger katapultierten die Wähler um 26 Plätze nach vorn.

Sorge, ob AfD politische Stimmung vergiftet

Was Florian Hahn weniger gefällt: „Jetzt haben wir die Extremen im Kreistag.“ Er meint das Novum, dass die AfD mit drei Sitzen und die Linkspartei mit einem Sitz erstmals im Gremium vertreten ist. Bei den Mehrheitsentscheidungen würden diese Neuen „keine Rolle spielen“, glaubt Hahn. Er mahnt, speziell an die Adresse der drei AfD-Vertreter: „Ich hoffe, dass sie nicht, wie es im Bundestag und in Landtagen passiert ist, die politische Stimmung vergiften.“

Absturz der SPD „extremst bitter“

„Als völlig neue Situation“ wertet auch Annette Ganssmüller-Maluche, die persönlich für die schwächelnde SPD eine ordentliche Stimmenzahl erzielt hatte, den Einzug der AfD in den Kreistag. „Inwieweit die Drei uns groß stören werden, muss man sehen“, sagt die Ismaningerin. Die SPD selbst, um sieben auf nun nur noch neun Sitze reduziert, gehöre „jetzt ja zu den Kleineren“. Sie selbst habe im Oberbayern-Gesamtvergleich noch gut abgeschnitten, doch insgesamt sei die SPD „der Verlierer schlechthin“: Den Absturz im Kreistag nannte Annette Ganssmüller-Maluche „extremst bitter, da gibt es nichts schönzureden – dieser 15. März war ein schwarzer Tag für die SPD“. Für die kommenden sechs Jahre prophezeit sie: „Die Folgen der Coronakrise werden vehement sein, wir steuern auf eine Rezession zu. Es wird eine schwierige Legislaturperiode, weil wir nicht mehr aus dem Vollen finanzieren können.“ Annette Ganssmüller-Maluche will als stellvertretende Landrätin deshalb in der Stichwahl CSU-Landrat Göbel unterstützen: „Jetzt ist keine Zeit für Experimente.“

Einen Sitz verloren die Freien Wähler, bei denen Otto Bußjäger ebenfalls für Göbel plädiert: „Er hat die Dinge im Griff.“

Das sind die gewählten Kreisräte

CSU: 26 Sitze

Christoph Göbel (91 181 Stimmen), Florian Hahn (73 862 Stimmen), Kerstin Schreyer (71 649 Stimmen), Stefan Schelle (67 476 Stimmen), Karin Hobmeier (64 329 Stimmen), Ernst Weidenbusch (62 680 Stimmen), Maximilian Böltl (60 002 Stimmen), Anton Stürzer (59 905 Stimmen), Franz Inselkammer (59 876 Stimmen), Thomas Loderer (58 688 Stimmen), Karin Göbel (57 767 Stimmen), Jan Neusiedl (57 352 Stimmen), Ilse Weiß (57 336 Stimmen), Stefan Kern (57 062 Stimmen), Helmut Horst (56 722 Stimmen), Thomas Pardeller (56 039 Stimmen), Ursula Mayer (55 620 Stimmen), Nicola Gerhardt (55 407 Stimmen), Brigitte Weinzierl (55 274 Stimmen), Claudia Leitner (54 870 Stimmen), Maria Knoller (54 576 Stimmen), Eva-Nicola Gehringer (54 406 Stimmen), Annabella Wünsche (54 316 Stimmen), Stefan Straßmair (54 311 Stimmen), Rolf Zeitler (54 180 Stimmen), Gerlinde Koch-Dörringer (53 667 Stimmen)

Grüne: 19 Sitze

Susanna Tausendfreund (56 799 Stimmen), Christoph Nadler (50 133 Stimmen), Claudia Köhler (48 906 Stimmen), Christina Rinsinger (47 889 Stimmen), Philipp Bauer (46 808 Stimmen), Tania Campbell (44 365 Stimmen), Markus Büchler (44 307 Stimmen), Johannes Rohleder (43 160 Stimmen), Sabine Pilsinger (42 683 Stimmen), Oliver Seth (42 144 Stimmen), Evi Karbaumer (41 956 Stimmen), Helga Keller-Zenth (41 092 Stimmen), Frank Sommer (39 956 Stimmen), Gudrun Hackl-Stoll (39 879 Stimmen), Luitgart Dittmann-Chylla (39 807 Stimmen), Ingrid Lindbüchl (39 547 Stimmen), Kilian Körner (39 535 Stimmen), Silke Levermann (39 228 Stimmen), Judith Grimme (39 056 Stimmen)

SPD: 9 Sitze

Annette Ganssmüller-Maluche (37 926 Stimmen), Natascha Kohnen (31 283 Stimmen), Christoph Böck (26 722 Stimmen), Alexander Greulich (26 160 Stimmen), Wolfgang Panzer (26 043 Stimmen), Ingrid Lenz-Aktas (24 122 Stimmen), Bela Bach (23 630 Stimmen), Florian Schardt (23 597 Stimmen), Dietmar Gruchmann (23 239 Stimmen)

Freie Wähler: 7 Sitze

Otto Bußjäger (29 553 Stimmen), Nikolaus Kraus (26 732 Stimmen), Max Kraus (23 991 Stimmen), Barbara Bogner (22 628 Stimmen), Günter Heyland (19 031

Stimmen), Florian Ernstberger (18 811 Stimmen), Franz Hartl (18 734 Stimmen)

AfD: 3 Sitze

Christina Specht (21 631 Stimmen), Peter Kramer (21 383 Stimmen), Mirko Zimniok (20 761 Stimmen) 

FDP: 3 Sitze

Katharina Diem (9866 Stimmen), Michael Ritz (9744 Stimmen), Manfred Riederle (9172 Stimmen)

ÖDP: 2 Sitze

Karin Schuster (12 263 Stimmen), Jolanta Wrobel (11 717 Stimmen)

Die Linke: 1 Sitz 

Katinka Burz (9810 Stimmen)